Kreative Gerechtigkeit – Ein Impuls aus der Werkstatt von Sr. Judith

Der Text, geschrieben für die Gastkirche in Recklinghausen, mag uns inspirieren, persönlich, im Alltag. Er kann zugleich gelesen werden als Text für die Amazonas-Synode, für unser anstehendes Generalkapitel, für Ihr Treffen mit …

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Ein reicher Mann hatte einen Verwalter. Diesen beschuldigte man bei ihm,
er verschleudere sein Vermögen. Darauf ließ er ihn rufen und sagte zu ihm: Was höre ich über dich?
Leg Rechenschaft ab über deine Verwaltung! Denn du kannst nicht länger mein Verwalter sein.
Da überlegte der Verwalter: Was soll ich jetzt tun, da mein Herr mir die Verwaltung entzieht?
Zu schwerer Arbeit tauge ich nicht und zu betteln schäme ich mich.
Ich weiß, was ich tun werde, damit mich die Leute in ihre Häuser aufnehmen,
wenn ich als Verwalter abgesetzt bin.

Und er ließ die Schuldner seines Herrn, einen nach dem andern, zu sich kommen und fragte den ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig?
Er antwortete: Hundert Fass Öl. Da sagte er zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich schnell hin und schreib „fünfzig“!
Dann fragte er einen andern: Wie viel bist du schuldig? Der antwortete: Hundert Sack Weizen.
Da sagte er zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib „achtzig“!
Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte, und sagte: Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichtes. (Lk 16,1-13)

Der Jedermann ist fester Bestandteil der Salzburger Festspiele. Das Theaterstück von Hugo von Hoffmansthal wurde 1911 in Berlin uraufgeführt. Jetzt hat das „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ jedes Jahr seinen Platz vor der einzigartigen Kulisse des Salzburger Doms.  An einer Stelle des Textes heißt es:  
            Nimm die Belehrung von mir an
            Das war ein weiser und hoher Mann
            Der uns das Geld ersonnen hat,
             An niederen Tauschens und Kramens statt
             Dadurch ist unsere ganze Welt
             In ein höher Ansehen gestellt
             Und jeder Mensch in seinem Bereich
             Schier einer kleinen Gottheit gleich.
             Da ist kein Ding zu hoch noch fest,
             Das sich um Geld nicht kaufen lässt.

Hier wird der Vorteil und Nutzen des Geldes in höchsten Tönen gelobt – ja, dass das Geld Menschen zu Ansehen verhilft und sie fast einer kleinen Gottheit gleich macht. Aber die hohe Stellung des Einen bedeutet Unterdrückung des Anderen. Sowohl im weiteren Verlauf der Geschichte des Jedermann, als auch im eben gehörten Gleichnis wird deutlich: Wirtschaftssysteme können ungerecht sein und Leben zerstören. Zu welchem Verhalten ermutigt aber Jesus mit diesem Gleichnis?

Die Schuldner in dem Gleichnis schulden dem Geschäftsmann ungeheure Mengen. Die biblischen Maßangaben lassen sich heute nicht mehr eindeutig bestimmen. Entscheidend ist aber, dass es sich um sehr große Mengen handelt. Eine arme Familie, die Lebensmittel auf Kredit kaufen muss, würde kaum solche Mengen eines einzelnen Produktes borgen bzw. geborgt bekommen

Sowohl Schuldner als auch Verwalter sind also in der Welt des reichen Großhandels zu Hause – in einem System der Geldwirtschaft, die von dem Gleichnis ausdrücklich als ungerecht bezeichnet wird. Aber von den Kindern des ungerechten Systems können die "Kinder des Lichts" lernen: Denn, so sagt das Gleichnis, "die Kinder dieser Welt sind klüger im Umgang mit ihresgleichen". Das heißt: Der Verwalter macht den Leuten vor, was es heißt, für die eigene Sippe zu sorgen und darum auch selber von ihr Solidarität zu erfahren. Er macht vor, dass mit Geld Freundschaften aufgebaut werden können.

Der Verwalter wird von Jesus nicht gelobt, weil er der Held der Gerechtigkeit im Reich Gottes ist, sondern er ist eher der unfreiwillige Lehrmeister für die Praxis der Gerechtigkeit. Schaut doch auf diesen Betrüger, sagt Jesus. Der weiß schon, wie er das herrschende System austricksen kann. Er baut – wenn auch zum puren Eigennutz – ein Solidaritätsnetz auf. Er und seine Sippe profitieren davon. Was aber ist mit euch, fragt Jesus. Schafft ihr es, mit Phantasie und Erfindungsgabe ungerechte Strukturen zu durchbrechen? Schafft ihr es, die Lücken der ungerechten Wirtschaft zu finden und ein Netz der Solidarität und Freundschaft mit den Armen aufzubauen?


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Catharina Damen, Mutter Magdalena (1787 – 1858)