Mit Gott in der Welt

Schwester Hiltrud im Raum "Horeb" im Mutterhaus des Ordens.
Schwester Hiltrud im Raum "Horeb" im Mutterhaus des Ordens.

Schwester Hiltrud, die mit unseren Schwestern im Konvent an Überwasser wohnt, spricht über das Beten.

Es geht um das zeitweise stille Verweilen vor Gott. Genau das ist Beten, meint Schwester Hiltrud: "Stille Zeiten, die keinen Zweck haben außer den, bei Gott zu sein, lassen mich fühlen, dass Gott mit mir geht."

Die 60-Jährige weiß, wovon sie spricht. Seit 36 Jahren ist sie Ordensfrau bei den Franziskanerinnen in Münster St. Mauritz. Beten hat einen festen Platz in ihrem Leben. Das gilt zum einen für die formalen Gebete wie das für Ordensleute verbindliche Stundengebet. "Diese festen Zeiten geben mir einen Rhythmus", sagt Schwester Hiltrud hervor.

Gleichzeitig schätze sie als Angehörige eines weltweit tätigen Ordens die "Gewissheit, dass immer irgendwo auf der Welt gerade Mitschwestern beten". Außerdem machten formale, rituelle Gebete den Kopf frei: "Weil ich nicht immer alles neu erfinden und formulieren muss, sondern mich festhalten kann am Bewährten." Deshalb könne sie beispielsweise den Rosenkranz auf dem Fahrrad beten. "Dabei habe ich allerdings keine Rosenkranzkette in der Hand", betont sie lachend.

Kraft und Gelassenheit

Neben diesen formalen Gebeten ist der Ordensfrau zum anderen der spontane Kontakt zu Gott mitten im Alltag wichtig. "Vor einer schwierigen Situation bitte ich ihn kurz, dass er mitgeht", schildert sie ein Beispiel. "Und ich spüre dann, dass er bei mir ist." Diese Gewissheit gebe ihr Kraft und lasse sie ruhiger werden

Solche Gebete im Alltag schiebt Schwester Hiltrud bewusst ein, unterbricht damit mittags den Tag oder schaut abends auf ihn zurück, "vor allem auf die schönen Dinge und auf Kleinigkeiten". Auch der Ausblick auf kommende Herausforderungen hat Platz im Abendgebet. "Ich gehe gut in die Nacht, wenn ich Dinge Gott überlassen kann", erklärt sie.

Am liebsten betet die 60-Jährige in der Gebetsecke in ihrem Zimmer oder still in einer Kirche. Besonders schätzt sie die Ludgeruskapelle in der Liebfrauen-Überwasserkirche. Dorthin laden die Franziskanerinnen des Konvents am Katthagen, in dem Schwester Hiltrud lebt, täglich um 6.25 Uhr zum Morgengebet, den Laudes, und montags bis donnerstags um 21 Uhr zum Nachtgebet ein. Gerade abends, erzählt sie, suchten "einige noch eine Einheit der Stille, und gerade dann kommen oft auch Neue".

Immer mal wieder bitten auch Menschen um Hilfe beim Beten. Darauf geht die Ordensfrau individuell ein. "Manche können es mit kurzen Gedanken am Morgen oder dem Rückblick am Abend probieren, anderen gebe ich das Tages­evangelium zur Anregung, wieder andere nehme ich mit zu einer Gebetszeit oder in den Gebetsraum im Mutterhaus".

"Horeb" heißt dieser Gebetsraum, nach dem Berg, an dem Mose Gott begegnete – laut Bibel als "sanftes, leises Säuseln". Leise und still werden, das ist auch Schwester Hiltrud beim Beten wichtig. Beten müsse nicht immer mit einem Anligen verbunden sein, sondern könne auch im stillen Verweilen vor Gott bestehen. "Beten ist Kontemplation im Alltag, damit Gott in diesem Alltag mit mir geht", sagt sie. Das sei ein franziskanischer Gedanke: "Als Franziskanerinnen wollen wir genau das: mit Gott in der Welt sein."

Kritische Anfragen

Weil Beten in der Welt stattfindet, gibt es für Schwester Hiltrud keine Themen, die zu banal für ein Gebet wären. "Ich glaube, dass Gott das geregelt kriegt", sagt sie schmunzelnd. Wenn aber die Themen banal sein dürfen, dann darf auch die Anrede vertraut sein. Vor allem mit Jesus spreche sie so, wie man mit einem Freund oder Partner spreche, der neben einem sei, schildert die Schwester. Und: Wie mit dem Freund oder Partner dürfe man auch mit Gott gelegentlich schimpfen: "Es tut in jeder Beziehung gut, mal Luft abzulassen. Deshalb frage ich Gott durchaus kritisch, warum er so manches zulässt."

Dampf ablassen, zur Ruhe kommen, Kraft schöpfen: Über diese persönliche Wirkung hinaus ist Schwester Hiltrud überzeugt, dass Beten auch im Großen etwas bewirkt: "Ich glaube, dass – wenn ich für den Frieden oder für Politiker bete – davon eine positive Macht ausgeht." Wie die sich konkret auswirke, müsse man Gott überlassen. "Seine Größe besteht ja gerade darin, dass ich ihn nicht verstehen muss", erklärt die Schwester.

Auf all das möchte die 60-Jährige nicht verzichten. "Beten ist mein Lebenselixier. Ohne diese Verbindung zu Gott wäre mein Leben nicht denkbar."

Text/Foto: pd
17.02.2016

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